Fragment über Sophie
Grünspan, Hamburg, 02. April 2007.
Die Erinnerung liebt dich – die Kerzen, der Wein, die Bühne. Auf einem hölzernen Stuhl sitzend den Blick gesenkt im roten Rüschenkleid die Hände in den Schoß gefaltet suchst du die Band. Peter, Thomas, Robert, Lars – jeder einzelne von ihnen trägt dich, bringt dich sicher durch den Abend. Trotzdem hast du Angst – kein Tamburin in diesem Song, keine schützende Gitarre; nackt, der Menge ausgeliefert… … es ist voll hier draußen, und es stinkt nach Schweiß und Bier… Du willst weg, nur weg, weg, nur… …sie spielen schon. sie spielen schon den einen… … nur noch diesen einen letzten Song – – geh in dich, Sophie, in dir ist alles. Sei allein, du selbst, mit dir – du wiegst den Kopf im Takt; du hörst die Stille, spürst den Klang und dann – deinen Einsatz um ein Haar verpasst entrückt den Ort vergessen, den du fürchtest nimmst du allen Mut zusammen hebst den Blick – und dann die Stimme. Nordische Wärme regnet nieder reinigt mich und löst das Chaos Lebenstropfen und in ihnen – Oh, Sophie! du nimmst mich bei der Hand und führst mich durch den Apfelhein und schenkst mir Wunder Hauch des Himmels Elfenstaub – küsst meine Augen einen Augenblick - in Ewigkeit… Und bist im selben Wimpernschlag am Boden, selbst der Grund der fest und sachlich unsre Schritte trägt. Du bist zwei Welten wandelst zwischen ihnen – Beberast, die Windhjalmsbrücke Du hüllst weltliche Schatten in Samt – und erdest künstliche Paradiese. Und am Ende – ein gehauchtes ‚Danke’. Dann flüchtest du ins Dunkel. Das scheue schwedische Mädchen das verzaubert und jede Seele rettet die sie rührt hat Angst dass es selbst im Lampenfieberwahn verglüht.
[ erlebt: 24-jährig / 2007 ] [ Medium: Text-Datei ] [ Archivierung: Laptop-Festplatte / Desktop / Ordner: Worte / Word-Datei ] |
»Fragment über Sophie« schrieb ich anlässlich eines Konzertes von Sophie Zelmani im Hamburger Grünspan im April 2007. Sophie Zelmani ist eine Schwedische Singer/Songwriterin, die in meinem musikalischen Universum mittlerweile einen besonderen Stellenwert erreicht hat.
Sie ist im Grunde genommen nicht für die Bühne geschaffen, denn sie hat so viel Lampenfieber, dass sie über sich selbst einmal sagte, sie würde vor Angst sterben, wenn sie ein Konzert ohne ihre Band im Hintergrund bestreiten müsste. Das führt dazu, dass sie sehr unnahbar, fast kühl wirkt, was wiederum ein schöner Kontrast zu ihrer warmen Stimme und den klaren, heimeligen Strukturen ihrer Songs ist. Diese Dualität habe ich versucht in einer Art Konzertkritik in Gedichtform zu bannen und mir so eine bleibende Erinnerung an den Abend zu schaffen, die über die Eintrittskarte hinausgeht. Ich bezeichne das Ganze als Fragment, weil Erinnerung immer fragmentarisch ist. Egal, wie viel Mühe man sich macht, ob mit Fotos, Filmen oder romantisch-kitschigen Gedichten, jeder Erinnerungsträger dieser Art ist nur ein fragmentarisches Abbild der Vergangenheit, die er repräsentiert. Übrigens hieß das Album zu der Tour interessanterweise »Memory Loves You«.