Analyse eines Western



TRANSKRIPT
Nr. 5   ¶   Thema: Groschenhefte – Analyse eines Western   ¶   Aufgabe: 2   ¶   Welches Bild von der Frau wird dem Leser in diesem Groschenheft vorgesetzt?   ¶   Der Western „Nur einer reitet noch“ gehört zu den ‚typischen’ Western. Zwei Frauen wollen Jack Starlight, den Helden, 1Z für sich haben, und Jack Starlight muß sich für eine von den beiden entscheiden. Der Autor hilft dem Jack, indem er die eine der Frauen „ein wenig anschwärzt“: Ester Brown. Sie war die Freundin von Jack, doch nachdem er erst einmal für die Sun-Hill-Ranch, und nach Esthers Meinung für Nan Fletsher, sorgen mußte, wechselte sie die Seite – sie lief zu Sloan Duane über, der früher einmal „scharf“ auf sie war. Doch nachdem sie merkte, daß Sloan Duane nur ein Spiel mit ihr trieb, wechselte sie wieder zu Jack über, wie sie sagt, um sich an Sloan zu rächen, und sie teilt Jack Sloans Pläne mit. Dagegen ist Nan Fletsher, die Tochter des Besitzers der Sun-Hille, ein „weißer Engel“. Sie ist unschuldig in einen Streit geraten, sie ist von einem Verbrecher als Lockvogel entführt worden, sie hat ihren Vater. Al Fletsher, bei einer Schießerei verloren, sie besteht auf den Nichtverkauf der Sun-Hill-Ranch, die vielen ärmeren Farmern Schutz bietet und – sie liebt Jack Starlight, den Westernheld.





Die Frauen bieten den Helden in den Western immer (fast immer) psychologische Rückendeckung, wenn der Held gut! eine schwere Entscheidung treffen muß. Hier, bei „Nur einer reitet noch“, ist es auch der Fall: Wenn es um große Entscheidungen geht, dann kann Nan Fletsher aber auch hart und energisch sein. Ein Beispiel dafür ist Szene auf Seite 9. Sloan Duane und Duff Dance haben den alten Rancher Al Fletsher fast so weit, daß er die Ranch verkauft. Doch da greift Nan in die ruhige, aber ebenso gespannte, Atmosphäre ein. Sie pocht dabei auf ihr Recht als Erbin der Sun-Hill, und fordert ihren Vater Al lautstark auf, die Ranch nicht zu verkaufen. Während dieses Wutausbruchs wird Nan fast noch schöner beschrieben. Zitat: „...stolz, erregt, so steht sie vor der Tür und hebt jetzt den Arm, der gebräunt ist und dessen feiner Haarflaum wie Gold glänzt...“ (S. 9 b; Zeile 15–18) Nan Flatsher hat sich dabei aber immer noch unter Kontrolle, sie ist nicht so wie Ester Brown; diese wird so beschrieben: „...ihre grünlichen Augen funkeln seltsam...“ – „...ihre Augen glitzern. Ihr schönes Gesicht rötet sich bis es tiefrot ist...“   ¶   Das ist auch ein Unterschied; Nan geht selten aus sich heraus. Bei Ester sind Zornausbrüche nicht so selten. Bei Esters Verhalten spielt aber auch Eifersucht eine Rolle; sie liebt Jack, Z2 und will ihn für sich haben. Nan ist da sicherer; sie weiß, daß Jack weiter für die Sun Hill stehen wird, das gibt ihr zum Teil auch ihre Überlegenheit. Sie verliert ihre Sicherheit, als sie in Best Chane abfahren wollen



und sie ahnt, daß Ester Jack die Wahl zwischen Sun-Hill und sich gelassen hat. Zitat: „...Sie wirft ihm über ihre Schultern einen forschenden Blick zu, der voller Sorge und Unsicherheit ist. Er nickt ihr zu, sagt dabei: ‚Fahr voraus! All right, Nan!’ – ‚Sicher’, sagt sie ruhig. Ihre Augen strahlen plötzlich, die Sorge ist wie weggewischt. Sie knallt mit der Peitsche, der Wagen rollt an...“ (S. 12 b, oben). Zu den Western Romanen möchte ich noch etwas hinzufügen: Vor allem bei diesem Western tritt besonders deutlich hervor, daß die Augen ein „Spiegel der Seele“ sind. Denn wenn einer zornig ist, flackert es gelb in den Augen, und gut! wenn z.B. einer oder eine sich plötzlich über etwas freuen, oder auch nur befriedigt sind, strahlen die Augen. Dadurch sind die Augen zu einem wichtigen Faktor geworden, um eine Person, oder den Zustand der Person, zu charakterisieren.   ¶   Abschließend will ich noch einmal zusammenfassen: Jack Starlight muß sich zwischen den Frauen Ester Brown und Nan Fletsher entscheiden. Diese Entscheidung wird dadurch begünstigt, daß Ester etwas schlechter dargestellt wird als Nan. Ester und Nan unterscheiden sich auch im Charakter (siehe oben). Zum Schluß wird nicht nur die „äußerliche“ sondern auch die „innere“ Problem­behandlung aufgelöst (siehe letztes Kapitel, wo Nan Jack und Ester Pat Rockmann heiraten wollen; übrigens ist da schon Sloan Duane tot, der die ‚äußerlichen’ Probleme beherrschte).





Eine erfreuliche Leistung! sehr gut   ¶   28.3.80   ¶   Ger   ¶   Berichtigung: 15.4.1980   ¶   1.) Zwei Frauen wollen Jack Starlight für sich haben und Jack muß sich nun für eine entscheiden. 2.) Sie liebt Jack und will ihn für sich haben.


[ erlebt: 14-jährig / 1980 ]
[ Medium: Klassenarbeit ] [ Archivierung: Elternhaus / Kinderzimmer / Kleiderschrank / Plastiktüte ]

m43
In meinen ersten Jahren am Gymnasium war ich als Schüler eher mittelmäßig, viele Dreier und Vierer im Zeugnis, in Mathe auch mal eine Fünf. Über die Schuljahre hatten wir stets die gleichen Lehrer und auch mein Spaßfaktor an der Schule hielt sich konstant in Grenzen.
       Bis, ja, bis zu dieser Deutschklausur. In der achten Klasse bekamen wir einen neuen Lehrer in Deutsch, Herrn G. Wir kannten ihn noch gar nicht, da er direkt von einer anderen Schule zu uns kam, doch genauso wenig kannte er uns. Ich war nicht mehr der stille, eher mäßige Schüler, sondern für ihn ein weißes Blatt. In dieser Zeit schrieben wir dann diese Deutschklausur zu einem Western-Groschenheft. Mit dem Ergebnis, dass ich als einziger der Klasse mit einer Eins abschloss, als einziger diese Fragestellung gewählt hatte und vor der Klasse entsprechend belobigt wurde: Eine hervorragende Arbeit, analytisch dargelegt und ein mutiges Thema. Für mich ein unglaublicher Vorgang, denn zuvor hatte ich mich schulisch, außer in Kunst, noch nie sonderlich hervorgetan.
       In der Folge nahm mich Herr G. nun öfter im Unterricht dran. Es kann auch sein, dass meine Wortmeldungen zunahmen. Ich nahm aktiv am Unterricht teil, und aus reiner Gewohnheit zog sich dies dann auch in andere Fächer fort. Meine mündlichen Noten verbesserten sich, die schriftlichen folgten. Ich wurde zum Zweier-Schüler, in der Osterstufe zum Einser-Kandidaten. Mein Abitur ebnete mir darauf den Weg durch den Numerus Clausus an die Uni bis zum Einsnull-Diplom. All dies begann mit dieser einen Deutschklausur. Es zeigt, wie sehr die unscheinbaren Weichen am Wegesrand das zukünftige Leben prägen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie mein Leben heute aussähe, ohne mein Studium, in einer anderen Stadt, ja: in einem völlig anderen Leben!


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