Pionierrepublik




TRANSKRIPT
1 Speisesaal I   ¶   2 Haus 4, 5,6   ¶   3 Wohnheim   ¶   4 Lagertor   ¶   5 Haus 9   ¶   Haus 10   ¶   6 Haus 11 Wohnheim, Bäckerei



LINKS Gruppenleben   ¶   Am Montag, den 8.1.73 kamen wir in der Pionierrepublik an.   ¶   Uns wurden gleich unsere neuen Pionierleiter vorgestellt. Dann gingen wir Mittag essen. Nach dem Mittag­essen wurden wir in unsere Häuser eingewiesen. Nun hatten wir 2 Stunden Zeit um uns in unsere Zimmer einzurichten. Dann hatten wir Freizeit und konnten uns das Haus angucken und uns mit den anderen Pionier bekannt machen. Um 18 Uhr gingen wir Abendbrot essen. Dann mußten wir den 1. Fragebogen ausfüllen. Um 20 Uhr war Nachtruhe. Am nächsten Tag fand um 9 Uhr unsere 1. Gruppenzusammenkunft statt. Am Nachmittag machten wir einen Lagerrundgang. Unsere Pionierleiter und unsere Klassenlehrerin zeigten uns die ganze Pionierrepu-

RECHTS blik.   ¶   Am 10.1.73 fand um 14.30 Uhr im Kinosaal die Eröffnungsfeier der Pionierfreundschaft „Bruno Kühn“ statt. Zuerst stellte die Freundschaftsleiterin Gen. Krüger uns die Pionierleiter der Freundschaft III vor. Ulrike und 2 Pioniere erzählten uns etwas über die kommen und die vergangenden Weltfestspiele. Zum Schluß sangen wir mit Siegfried Jugendlieder.   ¶   Einen Tag später also am 11.1.73 hatten wir den ersten Unterricht. Es wurden uns unsere Lehrer vorgestellt und uns die Fachkabinette gezeigt.   ¶   Unsere Lehrer:   ¶   Klassenlehrerin/Ma Frl. Surber   ¶   Geo Fr. Gehring   ¶   Ru Fr. Schwabe   ¶   Bio Fr. Jaschin   ¶   Sp Fr. Markhoff/Fr. Kahlies



LINKS D Fr. Täufel   ¶   Ge Herr Täufel   ¶   Ph Herr Mohring   ¶   Eines Tages bildeten wir die Brigaden. Wir wurde in 6 verschiedene Brigaden eingeteilt in denen wir in den nächsten 6 Wochen arbeiten und lernen werden. Ich kam in Brigade 6 und bin der einzige Junge darin.   ¶   Am 12.1.73 hatten wir einen Interessennach­mittag. Wir machten Sportspiele mit unserm Pionierleiter Rudi, die uns sehr gefielen.   ¶   13.1.73 Wir hatten das 1. Mal Kurs. Wir lernen hier was wir als gute Pionierräte wissen müssen. Ab heute ist jeden Sonnabend Freundschaftsappell und Kino. Wir sahen „Trotz alledem“, einen Film über Karl Liebknecht.

RECHTS Am 14.1.73 stellten wir uns in sehr lustiger Form vor. Das geschah durch Gedichte, Lieder und sehr schönen Sketsche.   ¶   Am 21.1.73 fand der Wilhelm-Pieck-Gedenklauf statt. Zuerst fand ein Appell statt. Nach der Erwärmung starteten wir. Es ging über einen ˜1000 m langen Rundkurs. Zum Schluß wurden die Ersten ausgezeichnet. Am Abend war Haustalenteausscheid.   ¶   Am 26.1.1973 empfing der GR die Brigaden. Es wurde über die bisherige Arbeit disskutiert. Unsere Besten wurden belobigt.   ¶   Am 28.1.73 gingen wir ins Haus der Pioniere. Dort sahen wir
uns einen Lichtbildervortrag über den Umweltschutz



LINKS an.   ¶   Einen Tag später wurden von uns Passbilder für die Festivalblumen gemacht. Dann bastelten wir Püppchen die wir für den Vietnambazar herstellten.   ¶   Am 31.1.1973 gingen wir zum Wissenstoto. Ich erreichte alle Punkte und erhielt ein Buch über Friedrich Engels. Dann gingen wir zur Schießhalle und legten das Schießabzeichen ab.   ¶   Am 2.2. führten wir ein politisches Gespräch durch. Wir diskutieren über den Imperialismus. Dazu hörten wir die Schallplatte „Profitgeier.“

RECHTS Meine Schießkarte   ¶   Bedingungen   ¶   ab 30 Ringen Massenschießabzeichen   ¶   ab 36 Ringen Schießabzeichen Bronze   ¶   ab 45 Ringen Silber



LINKS Am 4.2.73 gingen wir morgens zum Massensingen (siehe auch S. 106–S. 120) Am Nachmittag feierten wir Fasching. Es wurde zum Höhepunkt der Woche. Die Erzieher und Pioniere gaben viele Einlagen die sehr schön waren.   ¶   Am 25.1.73 führten wir einen naturwissenschaftlichen Hindernislauf durch. Es galt eine ˜ 1km lange Strecke zu absolvieren auf der 8 Fragen beantwortet werden mußte.
Mit 7 richtig beantworteten Fragen und einer Laufzeit von 10 min belegte ich den 2. Platz. 8 Punkte

RECHTSwurden nicht erreicht und die besten Laufzeiten waren 10 min. Bei der Platzvergabe gewann Michael Lange mit 7 12 Punkten.   ¶  
Am 7.2.73 fand unsere them. Mitgliederversammlung statt. Zuerst gestalteten Pioniere ein kleines Kulturprogramm. Dann diskutieren wir
über die I. Weltfestspiele. Danach erzählte Fr. Böttcher uns etwas über die III. Weltfestspiele in Berlin und ihre Vorbereitung.



LINKS Freundschaftsappell (wöchentlich)   ¶   Die Gruppen maschieren auf den Appellplatz und dann meldet der GRV die Bereitschaft der Gruppe zum Appell. Danach wird die vergangene Woche ausgewertet und das Programm für die nächste Woche bekannt gegeben. Danach findet die Dienstübergabe der Gruppen statt. Dann maschieren die Gruppen wieder aus.   ¶   Am 20.1.73 gingen wir ins Kosmonautenzentrum des HdP
„A. Nikolajew“. Zuerst sprach ein Roboter die Einweisung und wir teilten uns in 4 Gruppen. Unsere Gruppe absolvierte zuerst einen Simultanflug. Wir kamen uns vor als wenn wir richtig fliegen würden. Dann gin-

RECHTS gen wir in einen Raum wo wir Mondautos steuern mußten. Sodann gingen wir im einen Raum wo Geschicklichkeit und Wissen sowie Reacktionsschnelligkeit überprüft wurden. Danach bekam jeder eine Murmel mit der der Getränkeautomat betrieben wurde. Jeder bekam einer Schluck Waldmeisterbrause.



LINKS Am 22.2.73 waren wir ins PCK Schwedt eingeladen. Als wir ankamen gingen wir mit unseren Begleitern aus der PR und 4 Genossen aus dem PCK in einen Konferenzsaal. Dort hatten wir Gelegenheit Fragen zu stellen. Unsere Aufträge konnten wir dadurch gut erfüllen. Dann wurde uns an Hand eines Modells der Stammbetrieb des PCK’s in Schwedt erklärt. Mit einem Bus unternahmen wir dann eine Fahrt durch das Werkgelände. Dann führen wir zum Essen. Danach sahen wir uns die Odergrenze zur VR Polen an und fuhren danach nach Schwedt in die Stadt. Wir gingen auf ein Hochhaus und sahen uns von Dach die große, neue und



LINKS schöne soz. Stadt an. Danach durften wir 1 Stunde durch Schwedt bummeln. Um 16 Uhr fuhren wir dann wieder in die PR zurück.   ¶  
Am nächsten Tag wanderten wir zum Biberschutzgebiet.   ¶   Am Nachmittag fand dann unsere Pionierabschlußversammlung statt. Wir hatten
die Erfüllung unserer Aufträge und Verpflichtung, unsere Arbeit und den gesamten Aufenthalt in der PR einzuschätzen. Einige Pioniere wurden belobigt, der GR wurde entlastet und der Gruppenwimpel übergeben. Damit war offiezell leider unser Aufenthalt beendet.   ¶   An den Abenden
des 22.2. und 23.2. hörten interessierte

RECHTSPioniere bei einem russ. Teeabend die Schallplatte „Eroberer des Kosmos“.   ¶   Am 24.2.73 fand um 18. Uhr ein Appell zu Ehren der
Woche der Waffenbrüderschaft an den sowj. Gräbern bei Altenhof statt. Dieser war auch der Abschlußappell unserer Freundschaft „Bruno Kühn“   ¶   Am 25.2.73 sowie an der beiden vorheriegen Tagen fand um 9 Uhr ein Ehrenappell statt. 23.2. Tag der Sowjetarmee   ¶   24.2. 125 Jahre kommunistisches Manifest   ¶   25.2. Bruno Kühn   ¶   Am Nachmittag dieses Tages sahen wir den Film „Streng geheim“ der über die Arbeit der Staatssicherheit der DDR



LINKS in den sechziger Jahren. Danach hatten wir Gelegenheit 2 Genossen des Wachregiments „Felix Dzierzynski“ Fragen über die Arbeit der Soldaten der NVA zu stellen.   ¶   Im Fackelscheine des Abends des 26.2.73 fand der Abschlußappell des 3. Lehrgangs im Schuljahr 1972/1973 statt. Nach dem Einmarsch der 3 Freundschaften meldete 1 Pionier die Bereitschaft der Pioniere zum Appell. Der amtierende Direktor sprach zu uns. Er schätzte die Ergebnisse in der 3. Belegung ein und wünschte uns viele Erfolge in unseren weiteren Aufgaben an den Heimatfreundschaften. Nach der Einholung der Flagge und dem Ausmarsch der Pioniere war der Appell beendet.



[ erlebt: 13-jährig / 1973 ]
[ Medium: Tagebuch ] [ Archivierung: Arbeitsebene / Bücherregal ]

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Passagen aus meinem Räte-ABC (Pioniertagebuch) von 1973. Geschrieben, weil wir es mussten, um später »unseren Pioniergruppen und Schulen vom DDR-Kinderland genau berichten zu können.« Das Aufgeschriebene klingt so berichtsmäßig gruselig, weil man keine Lust drauf hatte, in dem straff organisierten Tagesregime.
       Heute, 35 Jahre später, wird mir bewusst, wie ideologisch getrimmt wir damals wurden. Marschiererwettbewerb, Gedenklauf, Morgen für Morgen Appelle, Schießen, Begegnung mit »Genossen des Wachregiments der Staatssicherheit«, wie gelassen das da niedergeschrieben ist. Und wenn ich ehrlich bin, hat es auch Spaß gemacht. Wer in die Pionierrepublik fahren durfte, war etwas Besonderes, Schüler-Elite, Super-Pionier. Von unserer Schule fuhr drei bis fünf Jahre danach erst wieder jemand dorthin.
       Ich habe das Tagebuch als Kindheitserinnerung über Jahrzehnte im Schrank aufgehoben und erst wieder ausgebuddelt, als meine Tochter sich im Unterricht mit der DDR auseinandersetzen sollte.


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