Fenster-Entdeckungen




[ erlebt: 53-jährig / 2008 ]
[ Medium: Bild-Datei ] [ Archivierung: Laptop-Festplatte / Ordner: Eigene Dateien / cammino a roma / Cammino a roma 23 ]

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Im Sommer 2008 unternahm ich meine zweite Pilgerreise mit dem Fahrrad. Diesmal sollte es der »Cammino a Roma« sein. Ich fuhr etwa 2000 Kilometer in vier Wochen. In der italienischen Kleinstadt Buonconvento, ca. 200 km vor meinem Ziel Rom, fotografierte ich in einer Kirche dieses Fenster. Das Motiv habe ich zunächst gar nicht wahrgenommen, sondern fand nur das Licht so beeindruckend.
       Erst zu Hause habe ich die Besonderheiten dieses Kirchenfensters entdeckt. Und auch das erst nach und nach: Als erstes fielen mir die Figuren am Rand auf, die allesamt einen historischen Hintergrund haben: Oben rechts Papst Johannes Paul II, darunter der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King und unten Mahatma Gandhi, Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Auf der linken Seite erkannte ich zunächst nur mittig John F. Kennedy, von 1961 bis 1963 US-amerkanischer Präsident.
       Dann fiel mir auf, dass das Kreuz ein TAU-Kreuz der Franziskaner ist, das die Form eines »Ts« hat. Durch Frau De Castro (die Vizepräsidentin des Freundeskreises der Jakobuspilger Paderborn e.V., bei denen ich Mitglied bin) wurde ich auf die Zärtlichkeit der Maria (Magdalena?) aufmerksam und meine Schwester entdeckte den Stacheldraht. Frau De Castro fand dann die Häftlingsnummer und recherchierte im General­vikariat des Erzbistum Paderborn die beiden »Unbekannten«: Oben links Maximilian Kolbe, ein polnischer Franziskaner-Mönch, der 1941 im KZ Ausschwitz ermordet wurde. Unten links Charles Eugéne Vicomte de Foucauld, ein französischer Afrika-Forscher und Missionar, der einen eigenen Orden gründen wollte, zuvor aber (1916) bei Unruhen in Algerien erschossen wurde. Ganz unten ein hungerleidendes Kind, das aus einem Stahlhelm isst – wohl sinnbildlich für Hunger und Krieg in dieser Welt.
       Ich finde dieses Kirchenfenster so besonders, da es im Gegensatz zu den »üblichen« Fenstern so »profan« wirkt und »moderne Heilige« zeigt. So intensiv habe ich mich noch nie mit einem Kirchenfenster beschäftigt. Vielleicht birgt es sogar noch mehr kleine Entdeckungen?


© 2009 carolin lewecke // impressum // kontakt