Vier Kinder, vier Bücher



TRANSKRIPT
60 Babys   ¶   Fa: „Mama, das wäre doch lustig, wenn du noch einen Jungen und ein Mädchen kriegst.“   ¶   Ich: „Was? Auf einmal?“   ¶   Fa.: „Nein, nacheinander.“   ¶   Ich: „Wieso? Haben wir denn noch nicht genug Kinder?“   ¶   Fa.: „Nein! Du kriegst doch noch eins.“   ¶   Ich: „Ja! Aber dann haben wir genug!“   ¶   Fa.: „Nein!“   ¶   Ich: „Ja, meine Güte! Wieviel brauchen wir denn noch, bis wir genug haben?“   ¶   Fa.: „60!“   ¶   Ich: „Was????“   ¶   Fa. (etwas tröstend): „Och Mama! Aber mich und Mine und Christian habe ich doch schon mitgezählt!“



Harem   ¶   Yasmin: „Du, Mama! Wenn ich groß bin, dann heirate ich einen Mann wie Koni! (Afrikaner aus Elfenbeinküste.)“   ¶   Ich bin etwas perplex und frage wieso.   ¶   Sie sagt: „Ist doch ganz einfach, Mama! Koni hat erzählt, sein Papa hat viele Frauen. Das ist doch praktisch. Dann muß man die Arbeit nicht alle alleine machen, und wenn die Kinder mit ihrer Mama mal sauer sind, dann gehen sie einfach zu einer anderen!“





Beknackt   ¶   Yasmin: „Mama! Ich möchte ein Knäckebrot mit Honig!“   ¶   Ich bin beim Brot schmieren, da schreit Christian (knapp 3): „Mama! Mama! Ich möchte auch ein beknacktes Brot!“





Reinhaun, umhaun, abhaun   ¶   Dorian sitzt in seinem Hochstuhl am Küchentisch.Ich bin dabei, ihm zum Frühstück ein Marmeladebrot zu schmieren. Ich schiebe ihm das Frühstücksbrettchen mit dem Brot rüber und sage zu ihm: „So, nun hau rein.“ Da holt er mit seiner kleine Faust aus und haut mit Schwung aufs Brot, dass die Marmelade in alle Richtungen spritzt. Dabei lacht er und freut sich wie ein Schneekönig.




[ erlebt: 35-jährig / ~1989 ]
[ Medium: Tagebuch ] [ Archivierung: Arbeitszimmer / Regal ]

w54
Für jedes meiner vier Kinder habe ich ein Büchlein geführt, in dem ich lustige Situationen, Aussprüche und Ereignisse notiert habe als Erinnerung für mich und als Weitergabe an die Kinder. Hin und wieder holen die Kinder diese Bücher vor und wenn wir darin lesen, gibt es jedes Mal viel Spaß und Gelächter, weil die älteren Kinder sich zum Teil noch an manche komische Situation mit ihren jüngeren Geschwistern erinnern. Für jedes Kind habe ich eine Geschichte als Beispiel gewählt.

[ Fabian: 7-jährig ]
60 Babys
Als diese kleine Geschichte entstand, saßen wir alle um den Küchentisch und die Kinder unterhielten sich darüber, dass andere Kinder, die keine Geschwister hätten, doch eigentlich ganz arme Kinder seien. Wenn die Eltern ausgingen, wären sie ganz allein zu Hause, während bei uns immer alle Geschwister zusammen wären. Nach dem Motte »je mehr, desto sicherer« kam dann Fabians Geschichte hinterher. Für mich ist das eine schöne Erinnerung, weil diese Begebenheit mir zeigt, dass die Kinder es als schön empfanden, Geschwister zu haben und das Zusammensein genossen.

[ Yasmin: 8-jährig }
Harem
Wir hatten bei Bekannten einen Afrikaner namens Koni kennen gelernt, der den Kindern von sich zu Hause, seiner Familie und dem Leben in Afrika erzählte. Unter anderem sprach er auch davon, dass sein Vater mehrere Frauen hatte und dass es praktisch nie vorkam, dass Kinder allein waren, sondern dass in den Großfamilien immer jemand da war. Das muss die Gedanken unserer Tochter bewegt haben, denn Wochen später kamen die aufgeschriebenen Aussprüche von ihr. An meiner ersten Reaktion darauf ist mir klar geworden, wie weit ich selbst geprägt bin von der so genannten abendländischen Kultur, vorgegebenen christlichen Wert- und Moral­vor­stellungen, was mir bis dahin gar nicht so bewusst war. Dieses habe ich zum Anlass genommen, mich mehr mit dem Leben in Afrika zu beschäftigen.

[ Christian: 3-jährig }
Beknackt
In unserer Familie wird gern mit Worten gespielt oder es werden Dinge wörtlich genommen. Ich habe den Eindruck, dass das auch schon früh auf unsere Kinder abgefärbt hat.

[ Dorian: 3-jährig / ~1992 }
Reinhaun, umhaun, abhaun
Auch unser Jüngster nahm Gesagtes mal sehr wörtlich, auch wenn dabei Unsinn herauskam. Bei Geschichten dieser Art, habe ich oft das Gefühl, einen Spiegel vorgehalten zu bekommen.



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