Volkstanzen und Völkerverständigung




[ erlebt: 19-jährig / 1967 ]
[ Medium: Negativ-Foto-Abzug ] [ Archivierung: Wohnzimmer / Schrank / Fotoalbum ]

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Fast wäre ich nicht mitgefahren... Der Grund: Wir sollten bei regionalen Festen (die Finnen sind sehr heimat- und naturverbunden) ein Dirndl tragen und unsere Volkstänze und -Lieder vorführen. Das war für mich (Beatles- und Stonesanhängerin, 19 Jahre) ja ganz daneben. Andererseits wollte ich so gern Skandinavien kennen lernen.
       Im Frühjahr 1967 hatte ich in der Zeitung eine Anzeige einer Jugendorganisation entdeckt, laut der noch einige Plätze für eine dreiwöchige Finnland-Fahrt frei waren. Trotz meiner anfänglichen Bedenken, entschied ich mich schließlich mitzufahren. Unsere Reisegruppe bestand überwiegend aus Jugendlichen, denen es so ging wie mir. Sie wollten auch mal einen besonderen Urlaub erleben. Damals war Skandinavien als Reise­ziel noch ausgesprochen »exotisch«. Bevor die Reise begann, lernten wir »volkstanzen«, etwas Finnisch (hyvää ruokahalua = guten Appetit) und Kulturelles.
       Mit zwei PKWs und einem Bulli ging’s schließlich im Juli per Auto­fähre in den Norden. In Helsinki begann unsere Rundreise ins Land der tausend Seen. Wir fuhren von Ort zu Ort und von Stadt zu Stadt und traten bei einigen Festen auf, um den Finnen so ein Stück unserer Kultur näher zu bringen. Im Gegenzug führten auch die Finnen traditionelle Lieder und Tänze auf. Eines dieser Feste fand auf dem Koli statt, ein 347 Meter hoher Berg, der sich trotz seiner geringen Höhe über die Seenlandschaft erhebt, die ihn umgibt. Ein wirklich toller Abend, an dem auch dieses Foto entstand.
       Da wir eine recht große Gruppe waren, wurden wir aufgeteilt und in verschiedenen finnischen Familien untergebracht. Einmal wohnten meine Arbeitskollegin Brigitte und ich auf einem Bauernhof, wo wir Kaja und ihre Freundin Eija kennen lernten. Ich auf dem Teppich mit dem Wörterbuch in der Hand. So machten wir Völkerverständigung. Einige Finnen sprachen auch Deutsch. Oder wir versuchten es in Englisch. Ein Lehrerpaar mit zwei Töchtern lud uns ein anderes Mal auf die eigene kleine Insel ein, auf der ein knuffiges Häuschen stand und es wurde zünftig zwischen den Steinen gegrillt.
       Zwischendurch war auch Zelten angesagt, wo manchmal dicke Regenschauer aufs Zelt und den Schlafsack prasselten. Doch am nächsten Morgen hatten wir wieder schönes Sommerwetter, wie fast die ganze Zeit. Die Mücken waren meist sehr anhänglich, obwohl wir mit Birkenreisen um uns schlugen. Die finnische Sauna lernten wir natürlich auch kennen (Mädels und Jungen getrennt) und zum Abkühlen konnten wir im See schwimmen. Eigentlich sollte die Reise bis zum Polarkreis gehen, doch dafür reichten die drei Wochen leider nicht aus.
       Einige deutsch-finnische Brieffreundschaften entstanden durch diesen schönen Urlaub, den ich auch mit Dirndl gut überstanden habe!


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